
„Irgendjemand wird ihn schon erwischen“, sagte Kilian und ich stimmte ihm zu. Natürlich. Ein Kind hier musste doch irgendjemanden auffallen. Kilian mutmaßte, dass Luca nach draußen gelaufen sein könnte. Bei Luca war alles möglich, der Junge war einfach unberechenbar. Vielleicht schlummerte er schon friedlich in seinem Zelt oder er war weiterhin hier am Fest und führte uns alle an der Nase herum. Obwohl ich schon so viel Zeit mit Luca verbracht hatte, konnte ich ihn noch immer schwer einschätzen und das war ja auch nicht verwunderlich, er war ein Kind, er handelte spontan und dachte nicht viel über seine Handlungen nach. Das war natürlich, aber auch sehr gefährlich.
„Möchtest du mitkommen, oder lieber hier bleiben?“, fragte mein Gegenüber und ich lächelte. Was war das bloß für eine dämliche Frage?
„Natürlich komme ich mit“, sagte ich entschlossen. Ich genoss seine Gesellschaft und vier Augen sahen eindeutig mehr als zwei.
Ich ließ meinen Blick durch die Menge schweifen und sah wie Eder auf Serena und Gabriel zuging. Irgendetwas an ihrem Anblick beunruhigte mich und ich fragte mich, wieso gerade alle drei ihren Blick Richtung Ruinen wandten.
„Glaubst du, sie haben etwas herausgefunden?“, fragte ich Kilian und in diesem Moment konnte ich die Sorge wohl kaum verbergen. Ich schüttelte daraufhin leicht den Kopf und lächelte eine wenig peinlich berührt. Je länger Luca verschwunden war, desto stärker wurde meine Sorge. Auch, wenn ich das anfangs noch ein wenig lockerer gesehen hatte und auf Lucas Neugier geschoben hatte, so fand ich die Situation jetzt nicht mehr ganz so prickelnd.
„Luca hat schon so viel mitgemacht, ich will nicht, dass ihm irgendetwas zustößt. Ich würde ja gerne sagen, dass er auf sich selbst aufpassen kann, aber dafür ist er einfach noch viel zu jung. Und obwohl hier keine offensichtliche Gefahr droht, so kann für ein kleines Kind doch schnell auch etwas Alltägliches gefährlich werden.“, sagte ich und es tat gut, dass ich mir meine Sorgen von der Seele sprach. Ich wusste, dass Kilian mich verstand, er war ja derselben Meinung.

Ich hatte gar nicht gemerkt, dass meine kleine Cousine verschwunden war, aber plötzlich stand sie nicht mehr neben mir. Ich sah mich um und musste mit einem Schmunzeln feststellen, dass sie bei Kilian stand. Wenn zwischen denen nichts lief, dann wusste ich auch nicht weiter. Aber beide wirkten nicht gerade erfahren, was Beziehungen anging, also war es nicht verwundernswert, dass sie so…steif wirkten.
Ich wandte meine Aufmerksamkeit wieder Serena zu, die einfach nicht locker ließ und sagte, sie würde auch zu den Ruinen gehen. Weiber. Ich atmete genervt aus, Widerspruch war zwecklos, das stand gerade außer Frage.
Eder näherte sich uns und ich lächelte sie freundlich an. Obwohl sie eine Soldatin war, war sie gar nicht mal so übel. Zumindest kam ich ganz gut mit ihr aus.
„Du hast nicht zufällig einen kleinen blonden Jungen gesehen, der aussah, als würde er verstecken spielen?“, fragte Serena sie sofort. Meine Güte, war das das Einzige, worüber sie sich im Moment unterhalten konnte? Vielleicht hätte sie doch lieber das Bier nehmen sollen, auch ihr würde ein wenig Spaß nicht schaden.
„Jeremy hat ein Kind herum laufen gesehen. Ich hab ihn bisher aber nicht gefunden.“, erwiderte Eder und ich nickte. Vielleicht wäre es wirklich an der Zeit, dass wir uns Gedanken über ihn machten. Es war ja amüsant, als nur Serena, Enngelin, Kilian und meine Wenigkeit davon wussten, aber dass nun auch Jeremy und Eder und vielleicht noch andere Azallen davon Wind bekamen, war nicht sehr erfreulich.
„Wir sollten wohl wirklich zu den Ruinen gehen und ihn dort suchen…“, sagte ich, doch ganz zufrieden war ich damit nicht. Ich war eindeutig kein Spießer und wollte Luca seinen Spaß nicht verderben. Aber schön langsam ging die Sache zu weit und ich wusste nicht, ob mir das gefiel.